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Gekürzte Pendlerpauschale ist verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht hat die Kürzung der Pendlerpauschale verworfen, und die Finanzverwaltung und die Träger der Sozialversicherung haben umgehend reagiert.
Das Bundesverfassungsgericht hat Millionen Pendlern in Deutschland ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk gemacht, indem es die Kürzung der Pendlerpauschale für verfassungswidrig hält. Rückwirkend ab dem 1. Januar 2007 gilt damit für alle Steuerzahler weiterhin das bis zum 31. Dezember 2006 geltende Recht mit der vollen Entfernungspauschale von 30 Cent je Entfernungskilometer.
Das Gericht störte sich dabei nicht so sehr an einer Kürzung der Pendlerpauschale an sich - diese Option steht dem Gesetzgeber weiterhin offen, wenn er dies denn wünscht. Als verfassungswidrig sieht das Gericht vielmehr die konkrete Ausgestaltung der Kürzung an, die solche Pendler mit langem Anfahrtsweg bevorzugt. Denn seit dem 1. Januar 2007 ist der Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gestrichen. Nur ab dem 21. Entfernungskilometer ist noch eine steuerliche Berücksichtigung möglich.
Auch wenn sich der Bundesfinanzminister vor der Verkündung der Entscheidung immer siegesgewiss gegeben hat: Irgendwie scheint man im Ministerium wohl doch mit einer Entscheidung zugunsten der Steuerzahler gerechnet zu haben. Nur so ist es zu erklären, dass von dort schon eine Stunde nach der Urteilsverkündung eine Erklärung kam, man wolle die Pendlerpauschale erst einmal bis Ende 2009 in der alten Form erhalten und angesichts der Wirtschaftskrise auf Maßnahmen zur Gegenfinanzierung verzichten. Wie es ab 2010 weitergehen soll, dazu gibt es übrigens noch keine Stellungnahme. Die Steuerausfälle durch das Urteil beziffert die Regierung bis Ende 2009 auf 7.5 Milliarden Euro.
Außerdem erklärt das Ministerium, dass man das Urteil nun schnell umsetzen will: "Die Finanzämter sollten angewiesen werden, die von Amts wegen zu veranlassenden Rückzahlungen für das Jahr 2007 möglichst schon in den ersten drei Monaten des Jahres 2009 zu leisten." Wer in seiner Steuererklärung 2007 im Vertrauen auf die Gesetzesänderung keine Angaben zur Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und der Zahl der Arbeitstage gemacht hat, kann dies jetzt in einem formlosen Schreiben seinem Finanzamt mitteilen, das dann von Amts wegen die Änderung der Steuerfestsetzung für 2007 veranlasst. Nichtsdestotrotz wird in jeden neuen Steuerbescheid vorsichtshalber ein Vorläufigkeitsvermerk aufgenommen, der die Änderung ermöglicht, falls sich die gesetzlichen Grundlagen ändern sollten.
Hat der Arbeitgeber die Aufwendungen in Höhe der Werbungskosten erstattet oder entsprechende Sachleistungen gewährt, so konnte seit 2007 nur der Anteil pauschal versteuert werden, der die Aufwendungen ab dem 21. Kilometer betrifft. Der Rest musste als Arbeitslohn voll versteuert werden und unterlag auch der Beitragspflicht zur Sozialversicherung. Diese Einschränkung entfällt durch das Urteil natürlich ebenfalls. Das lässt sich nun auf zweierlei Art und Weise korrigieren: Der Mitarbeiter könnte jetzt in seiner Steuererklärung Werbungskosten in Höhe der voll versteuerten Arbeitgeberleistungen geltend machen. Das muss aber nicht unbedingt zu einer großen Steuererstattung führen, wenn keine weiteren Werbungskosten bestehen, da ein Großteil schon durch den Arbeitnehmerpauschbetrag abgedeckt ist.
Mit etwas mehr Aufwand verbunden aber für Arbeitgeber und Arbeitnehmer günstiger ist die rückwirkende Korrektur der Lohnabrechnungen. Der Mitarbeiter erhält die Erstattung des Arbeitgebers dann Netto für Brutto, und der Arbeitgeber zahlt statt des Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung nur die niedrigere pauschale Lohnsteuer von 15 %. Bei der Korrektur sind allerdings einige steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Vorgaben zu beachten.
Ist für den Lohnzahlungszeitraum noch keine Lohnsteuerbescheinigung erteilt worden, dann ergeben sich steuerrechtlich durch die Korrektur keine Besonderheiten - die noch zu erteilende Bescheinigung weist dann einfach die geänderten Lohndaten aus. Ist die Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2007 oder 2008 dagegen bereits übermittelt oder erteilt worden, dann darf sie auch nicht mehr geändert werden. Stattdessen muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach durchgeführter Pauschalierung bescheinigen, dass er einen bisher individuell besteuerten und bescheinigten Arbeitslohn in Höhe von … Euro nunmehr pauschal versteuert hat.
Der Arbeitnehmer kann sich dann mit der Bescheinigung des Arbeitgebers an sein Finanzamt wenden und im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung eine Korrektur des Arbeitslohns geltend machen. Die bisher zuviel gezahlte Lohnsteuer wird vom Finanzamt erstattet. Dafür reduziert sich der mögliche Werbungskostenabzug des Arbeitnehmers für Fahrtkosten in entsprechender Höhe.
Ist eine zulässige Pauschalbesteuerung erfolgt, dann besteht auch ein Erstattungsanspruch für zuviel bezahlte Sozialversicherungsbeiträge. Erstattungsanträge dafür sind in der Regel nicht erforderlich, einfacher ist die Verrechnung, die hier ausnahmsweise auch über einen Zeitraum von 24 Kalendermonaten hinaus zulässig ist, sofern sie bis zum Dezember 2009 abgeschlossen ist. Der Arbeitgeber muss allerdings gewährleisten, dass für die Arbeitnehmer noch keine entgeltabhängigen Leistungen durch die Sozialversicherung gewährt wurden. Für einen Arbeitnehmer, bei dem dies doch der Fall ist, muss der Arbeitgeber einen Erstattungsantrag stellen.
Wegen der Einführung des Gesundheitsfonds darf die Verrechnung ab Januar 2009 nicht im laufenden Beitragsnachweis erfolgen, wenn Verrechnungen für Zeiten vor 2009 vorgenommen werden. Stattdessen ist ein Korrekturbeitragsnachweis mit Angabe des Zeitraums, auf den die Beiträge entfallen, notwendig.
Eine rückwirkende Änderung des sozialversicherungsrechtlichen Status erfolgt jedoch nicht: Auch wenn das Einkommen eines Arbeitnehmers durch die Pauschalierung nun rückwirkend unter den Grenzen für eine geringfügige Beschäftigung, für die Gleitzone oder die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung liegen sollte, bleibt es beim bisherigen Status. Erst ab dem 1. Dezember 2008 ist bei den Betroffenen eine neue versicherungsrechtliche Einstufung vorzunehmen.
Die erstatteten Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) sind in der Lohnsteuerbescheinigung des Jahres der Erstattung der Beiträge zu berücksichtigen. Ist die Lohnsteuerbescheinigung für 2008 noch änderbar, kann die Erstattung in dieser Lohnsteuerbescheinigung berücksichtigt werden.